Vagabundierende Diskurse. Ein Tisch mitten im Grünen, etwas Kaffee, wache und wachgewordene Menschen. Das sonntägliche Frühstück ist ein Moment von Ruhe und Empfindsamkeit, von Tag vertrödeln und in die Sonne blinzeln. Eine einzigartige Stimmung für freies rhetorisches Vagabundieren und den intellektuellen Großentwurf.
Das Diskursfrühstück war keine auf eine mitteilbare Erkenntnis gerichtete Veranstaltung. Als Spiel mit Spielkarten, aber ohne Regeln war es eine Einladung, durch eine Gedankenlandschaft zu streunen, zu vagabundieren oder zu promenieren. Drei Vokabeln play, act, walk wurden die Leitlinien …

Für den Katalog baten wir 3 Autoren, zu einem der Begriffe einen Text zu schreiben: PLAY/ Martin Kohler  ACT/ J.Georg Brandt  WALK/ Paul Adams


PLAY/ Martin Kohler untersuchte die Beziehung zwischen Spiel und Kunst. Beide beanspruchen ihre Autonomie gegenüber der gesellschaftspolitischen Realität, indem sie einen eigenen Bereich definieren, in dem Dinge eine andere Bedeutung annehmen können.
Dadurch entsteht eine »innere Unabhängigkeit« durch Abgrenzung. Um diese Grenze wieder überschreitbar zu machen für Gedanken, die in dem gerade erst abgegrenzten Bereich der Kunst entstehen, folgt er den Gedanken Hans-Georg Gadamers, der Kunst im Wesentlichen als Spiel begreift.

ACT/ J.Georg Brandt nähert sich über den Akt der Handlung dem Autonomiebegriff, indem er sich mit dem »davor« und »danach« der künstlerischen Handlung beschäftigt. Da jede Handlung abhängig von ihren Vor-Handlungen ist, kann die künstlerische Handlung zwar im Moment der künstlerischen Produktion autonom erscheinen. Eingebettet in den gesellschaftspolitischen Kontext der Vor-Handlungen sind die Möglichkeiten dieser Autonomie aber schon eingeschränkt. Daher findet J.Georg Brandt weniger die Frage der Unabhängigkeit der Kunst interessant, sondern die fortwirkenden Konsequenzen der künstlerischen Handlung.

WALK/ Paul Adams (University of Texas) brauchte für seinen Text zu Walk nicht lange zu suchen. Er arbeitet gerade an seinem Buch GEOGRAPHIES OF MEDIA AND COMMUNICATION. Gehen bedeutet für ihn Kommunikation und das dazugehörige Kapitel war schon fertig geschrieben. In einer Übersetzung von Martina Fischer wird Michel de Certeau mit Walter Benjamin verknüpft. Für Certeau lässt die Bewegung des Gehenden erst aus den physischen Objekten der Orte den erlebbaren Raum entstehen. Ähnlich wie das Lesen aus Buchstaben die Räume der Erzählung entstehen lässt. Im Gehen durch die Landschaft entstehen diese Räume immer wieder neu und weil sie nicht festschreibbar sind, sind sie nicht beherrschbar, sondern bilden »eine zweite, eine poetische Geographie über der Geographie der festgeschriebenen Bedeutung«.